Neue Konzepte und Finanzierungslösungen in der Textilsammlung

Umsetzungserfordernisse im Textilsektor

Das EU Kreislaufwirtschaftspaket (2015) führte zu wichtigen Änderungen der EU-Abfallrahmenrichtlinie

Was das für Österreich bedeuten könnte, ist noch völlig unklar. Zwar werden de facto in Österreich Alttextilien bereits flächendeckend gesammelt, jedoch handelt es sich dabei um nicht-gefährliche Siedlungsabfälle. Diese unterliegen bislang keiner Bundesregelung und fallen daher legistisch in die Länderkompetenz und operativ in die Andienungspflicht an die kommunalen Abfallwirtschaftsträger (Ausnahme Wien). Allerdings finden sich in den Landes-Abfallregelungen keinerlei explizite Verpflichtungen zur getrennten Alttextilsammlung, da diese bisher rein aufgrund der Nachfrage seitens gemeinnütziger oder privatwirtschaftlicher Sammler:innen auf Basis von Vereinbarungen mit Kommunen oder zumindest mit Duldung der Kommunen erfolgt.

Das Mengenpotential des österreichischen Textilabfalls beläuft sich jährlich auf etwa 221.834 t.

Unser Stakeholderprozess

Im Rahmen unseres Projektes „Kreislaufwirtschaft in Österreich stärken“ haben wir 2019-2022 einen bundesweiten Multi-Stakeholder-Prozess zur Umsetzung neuer Konzepte und Finanzierungslösungen in der Textilsammlung durchgeführt.

Ziel war es, die nationale Ausgestaltung der Umsetzung der EU-Vorgaben zur Kreislaufwirtschaft im Rahmen eines strukturiert aufgesetzten bundesweiten Multi-Stakeholder-Prozesses zu unterstützen und damit die Kreislaufwirtschaft in Österreich zu stärken.

Der vorliegende Stakeholderprozess hat erste Lösungsansätze entwickelt und drei denkbare Varianten der Textilsammlung diskutiert:

  • Die Sammlung und Finanzierung der Sammlung von (Alt-)Textilien ohne die Einführung eines Systems der erweiterten Hersteller:innenverantwortung (EPR-System)
  • ie Sammlung und Finanzierung der Sammlung von (Alt-)Textilien über die Einführung eines Systems der erweiterten Hersteller:innenverantwortung (EPR-System)
  • Die Sammlung und Finanzierung der Sammlung von (Alt-)Textilien über gemischte oder andere Systeme

Ergebnisse des Stakeholderprozesses

Ökologischer Fußabdruck von Textilien

Textilien gehören zu einer von sieben

Produktgruppen mit dem größten

ökologischen Fußabdruck.

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Die Kreislaufwirtschaftspolitik der EU, die rechtlichen Vorgaben aus der Richtlinie (EU) 2018/851 zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle (ÄARRL) und die damit z.B. einhergehende Verpflichtung zur getrennten Textilsammlung legen nahe, die künftige Textilsammlung in einem breiten Multi-Stakeholderprozess zu diskutieren und damit die Kreislaufwirtschaft in Österreich zu stärken. Durch die stetig steigende Menge bei gleichzeitig sinkender Qualität von Textilabfall besteht die Gefahr, dass die Qualität der Textilsammlung leidet. Auch stellt sich die Frage, wo die aufbereitete Secondhand-Kleidung verkauft werden kann und wie mit den anfallenden Mengen transparent umzugehen ist. Zudem ist das Faserrecycling von Textilien technisch noch nicht genug ausgereift und weit entfernt von einer Marktreife bzw. Wirtschaftlichkeit.

Die meisten Stakeholder:innen haben die sinkende Sammelqualität von Kleidung, insbesondere aufgrund von Fast Fashion beklagt, welche die Sammler:innen unter starken finanziellen Druck setzt. Zusätzlich besteht die Befürchtung, dass durch die flächendeckende Textilsammlung die derzeitigen Sammler:innen mit Qualitäten überschwemmt werden, welche die Kosten in die Höhe treiben, aber keine zusätzlichen Erlöse bringen.

Auch wenn der neue EU-Aktionsplan die Rolle sozialer Unternehmen in der Kreislaufwirtschaft betont, ist derzeit noch nicht klar, wie genau diese aussehen wird. Von der noch nicht weiter definierten flächendeckenden Textilsammlung bis 2025 sowie der vielfach als Lösung gesehenen, aber auch kritisch betrachteten erweiterten Hersteller:innenverantwortung wird dahingehend mehr Klarheit erhofft. Bei Letzterer wird vielfach befürchtet, dass diese schlimmstenfalls auf Kosten von Re-Use gehen könnte. Sowohl das Konzept der Kreislaufwirtschaft als auch die Abfallhierarchie machen deutlich, dass dies zu vermeiden ist. Zudem wurde beklagt, dass nach wie vor vielfach nicht das Wissen existiert, dass Re-Use und Recycling nicht das Gleiche sind. Die Erfahrungen in Österreich, insbesondere mit den Systemen der erweiterten Hersteller:innenverantwortung für Verpackungen und Elektroaltgeräte, haben außerdem gezeigt, dass die Einführung eines Systems der erweiterten Hersteller:innenverantwortung für Textilien sorgfältig zu prüfen ist. Einerseits erhoffen sich einige, dass durch die Einführung eines EPR-Systems die Finanzierung von nicht Re-Use-fähigen Produkten ermöglicht werden könnte, andererseits wird befürchtet, dass die Hersteller:innen dadurch zu viel Einfluss gewinnen könnten und gemeinnützige Textilsammler:innen verdrängt werden.

Anhand der gewonnenen Erkenntnisse hat das Projektteam mehrere Handlungsempfehlungen formuliert, die seines Erachtens neue Konzepte und Finanzierungslösungen in der Textilsammlung unterstützen und zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft beitragen können.

Die vollständigen Ergebnisse des Stakeholderprozesses finden sich im Working Paper Neue Konzepte und Finanzierungsmöglichkeiten in der Textilsammlung.

Quellen

Europäisches Parlament, Rat der Europäischen Union (2008): Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien.

Europäisches Parlament, Rat der Europäischen Union (2018): Richtlinie (EU) 2018/851 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle.

Europäische Kommission (2020): Ein neuer Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft. Für ein saubereres und wettbewerbsfähigeres Europa.

Bernhardt, Antonia / Brandstätter, Christian/ Karigl, Brigitte (2022): Aufkommen und Behandlung von Textilabfällen in Österreich. Wien, Umweltbundesamt.

Bildquelle

Jeansproduktion, (c) sevephoto, shutterstock.com.

Zusatzliteratur

Bernhardt, Antonia / Brandstätter Christian, Karigl Brigitte et al. (2022): Aufkommen und Behandlung von Textilabfällen in Österreich. Materialien zum Bundes-Abfallwirtschaftsplan. Wien, Umweltbundesamt GmbH.

Bizjak, Darko / Barczak, Piotr (2020): Explained: Annex IVa of the EU waste framework directive. Brüssel, European Environmental Bureau.

Bizjak, Darko / Barczak, Piotr (2020): Explained: Europe’s new waste prevention and reuse laws. Brüssel, European Environmental Bureau.

Eunomia (2022): Driving a Circular Economy for Textiles through EPR, Bristol: Eunomia Research & Consulting Ltd.

European Commission (2022a): EU Strategy for Sustainable and Circular Textiles.

Handlungsempfehlungen:

  1. Unterstützung insbesondere von sozialwirtschaftlichen Abfallsammler:innen, die steigenden Kosten aufgrund sinkender Textil-Qualität zu decken.
  2. Die Einführung von zwei verschiedenen Sammelschienen, eine für wiederverwendbare Textilien und eine für Produkte, die dem Recycling zugeführt werden
  3. Unterstützung von Re-Use, insbesondere dann, wenn eine flächendeckende Textilsammlung nicht in zwei verschiedene Sammelschienen resultiert
  4. Die Einführung einer Re-Use Quote
  5. Eine gemeinsame Erstellung eines Konzeptes für die zukünftige Textilsammlung und damit einhergehend die Klärung von Zuständigkeiten und der Finanzierung
  6. Anpassung der Landes-Abfallregelungen an die neue Verpflichtung der flächendeckenden Sammlung in der Novelle des Bundes-Abfallwirtschaftsgesetztes
  7. Förderung von Recycling-Technologien
  8. Intensive Öffentlichkeitsarbeit