Umweltbelastungen, Biodiversitätsverlust, Klimawandel, Ressourcenknappheit – die zentralen Herausforderungen unserer Gesellschaft erfordern, dass wir unter Berücksichtigung der ökologischen Grenzen unseres Planeten neue Wege für Produktion und Verbrauch finden. Hierzu gehört auch die deutliche Reduktion der Nutzung fossiler Rohstoffe. Jene geht auch mit der Substitution durch nachwachsende Rohstoffe einher. In verschiedenen Sektoren wie der Bau-, Textil- oder auch Verpackungsindustrie wird danach bereits gestrebt. Dadurch wirft der Einsatz von Biomasse auch für die Kreislaufwirtschaft essenzielle Fragen auf, sodass es naheliegt, die Konzepte der Kreislaufwirtschaft und der Bioökonomie gemeinsam zu diskutieren und zusammenzudenken.
Was steckt hinter dem Konzept „Bioökonomie“?
Ähnlich wie bei dem Konzept der Kreislaufwirtschaft existiert auch für die Bioökonomie keine einheitliche Definition. Allgemein basiert das Konzept auf Erkenntnissen aus Biologie und Biowissenschaften. Der Bioökonomie liegt der Gedanke zugrunde, dass künftig nur noch nachwachsende Ressourcen von Land und aus dem Meer in allen wirtschaftlichen Bereichen eingesetzt werden, wobei vor allem Rohstoffe aus Landwirtschaft und Waldwirtschaft im Fokus stehen. Auf diese Weise sollen Lösungen bspw. für die Reduktion des Emissionsausstoß, den sicheren Zugang zu Lebensmitteln aber auch einen nachhaltigen Konsum gefunden werden. Vorteilhaft aus europäischer Sicht ist zudem, dass so auch die Abhängigkeit von Erdöl exportierenden Staaten sinken würde und auf heimische Rohstoffe zurückgegriffen werden könnte. Da auch nachwachsende Rohstoffe nicht unendlich zur Verfügung stehen, thematisiert eine Strömung der Bioökonomie um Georgescu-Roegen herum den achtsamen und reduzierten Einsatz von Biomasse. Nachhaltigkeit kann nur dann erreicht werden, wenn bestimmte Kriterien und Indikatoren, welche sich auf den Diskurs zu nachhaltiger Landwirtschaft beziehen, in Bezug auf die verschiedenen biogenen Rohstoffe eingehalten werden.
Eine solche Transformation muss sich aber auch gesellschaftlichen Fragen stellen, um ein faires und nachhaltiges Wirtschaftssystem innerhalb planetarer Grenzen zum Wohle aller zu gewährleisten. Die Vermeidung möglicher Zielkonflikte in Bezug auf Landnutzungsfragen muss dabei beachtet werden, da der erhöhte Einsatz von Biomasse Fragen zur Flächennutzung aufmacht.
Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie
Die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sind komplex. Umso entscheidender ist es, existierende Konzepte sinnvoll zu verknüpfen. Das Butterfly diagram der Ellen MacArther Foundation präsentiert sowohl den biologischen als auch den technischen Kreislauf der Kreislaufwirtschaft. Doch was sich in dem Diagramm als getrennte Kreisläufe präsentiert und wo der biologische Teil ausschließlich den Kreislauf von Lebensmitteln und Energie abbildet, besteht in der Realität keine saubere Trennung. Nachwachsende Rohstoffe sind auch Teil des technischen Kreislaufs und gewinnen zudem zunehmend an Bedeutung, um bspw. erdölbasierte Stoffe zu substituieren. Damit stellen sich auch für diese Materialien Fragen nach einem nachhaltigen Umgang und bspw. der Rezyklierbarkeit nachwachsender Rohstoffe, was die Verknüpfung der Kreislaufwirtschaft mit dem Konzept der Bioökonomie sinnvoll macht. Andersherum kann auch die Kreislaufwirtschaft Aspekte der Bioökonomie, wie die Kaskadennutzung von Materialien, aufgreifen.
Kaskadennutzung in der Bioökonomie
Das Ziel der Kaskadennutzung ist die Ressourcen effiziente Nutzung von Holz und Biomasse. Dabei sollen so viele Wiederverwertungs- und Recyclingkreisläufe wie möglich durchlaufen werden, solange diese kosteneffizient und angemessen sind. Konkret bedeutet das, dass die nächstniederwertigere Nutzungsmöglichkeit erst dann gewählt wird, wenn die höchstwertige Nutzungsmöglichkeit ausgeschöpft wurde oder unwirtschaftlich geworden ist. Erst am Ende der Kaskade steht die thermische Verwertung
Biodiversität, Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie
Denkt man Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft zusammen und folgt den Prinzipien beider Konzepte, kann das einen positiven Effekt auf Biodiversität haben. Einerseits verringert die Reduktion von (primärem) Ressourceneinsatz und Abfall auch den Einsatz von Biomasse. Andererseits trägt auch die kaskadische Nutzung von Rohstoffen dazu bei, weniger Biomasse zu verwenden. Auf diese Weise kann auch der Druck auf Biodiversität verringert werden. Darüber hinaus verfolgt eine konsequente Umsetzung der Kreislaufwirtschaft entlang der 10 Rs auch einen positiven Effekt auf Emissionsausstoß sowie den Einsatz schädlicher Substanzen, was sich ebenfalls positiv auf die Biodiversität überträgt
Literatur
European Environment Agency, 2023: The benefits to biodiversity of a strong circular economy
Priefer, Carmen; Juliane Jörissen; Oliver Frör, 2017: Pathways to Shape the Bioeconomy.
Stephenson, P.J.; Anca Damerell, 2022: Bioeconomy and Circular Economy Approaches Need to Enhance the Focus on Biodiversity to Achieve Sustainability
Vivien, F.-D. et al., 2018: THE HIJACKING OF THE BIOECONOMY.
#EU Circular Economy Talks, 2023: The circular economy in the context of a limited supply of biomass